Keine Frage, in Deutschland gibt es zu viele dicke Kinder. Aber auch zu viel Reklame für Süßigkeiten und anderes ungesunde Essen im Fernsehen. Das ist das Ergebnis mehrerer Studien der Weltgesundheitsorganisation. Aufgrund der jüngsten Entwicklungen will jetzt die Politik die Werbung einschränken und somit dazu beitragen, dass es weniger dicke Kinder in Deutschland gibt.
Studien der Weltgesundheitsorganisation sollen einen klaren Zusammenhang zwischen Werbung und Übergewicht belegen – dieser Meinung ist Professor Berthold Koletzko, Kinderarzt und Ernährungsfachmann aus München. Seiner Meinung nach gibt es einen direkten Zusammenhang zwischen Fernsehwerbung und Fettleibigkeit von Kindern in Deutschland.
Wer sich die Werbung einmal genauer ansieht, der weiß, dass nur allzu oft für ungesunde Speisen und Getränke geworben wird. Kalorienreiche Süßigkeiten, Limonaden und Fastfood sind bereits fester Bestandteil der Fernsehwerbung. Der Münchner Kinderarzt und Ernährungsexperte warnt jetzt, dass zu viel Fernsehwerbung unsere Kinder immer dicker werden lässt.
Und auch eine Studie der Universität Hamburg belegt, dass Kinder hinsichtlich der Fernsehwerbung intensiv umworben werden. Studienleiter Tobias Effertz vom Institut für Recht und Wirtschaft sagte in einem Interview, dass sich die Industrie gezielt an Kinder wende. Dies zeige sich zum Beispiel deutlich daran, wann die meisten Werbespots geschaltet werden. Doch auch die Inhalte der Fernsehwerbung seien auf sehr junge Zielgruppen ausgerichtet.
Bei der Auswertung von Kinderprogrammen von zehn öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehsendern kam heraus, dass in 613,5 Stunden Sendezeit mehr als 16.000 Werbespots platziert wurden. Kinder, welche tagtäglich 90 Minuten Fernsehen sehen, sehen damit im Durchschnitt 33 Werbespots am Tag und im Jahr mehr als 12.000. Dabei fiel auch auf, dass jeder fünfte Werbespot für Lebensmittel wirbt und 73 Prozent der beworbenen Lebensmittel Produkte mit einem geringen Gehalt an Nährstoffen und mit einem hohen Anteil von kalorienreichem Fett und Zucker sind.
In Deutschland leiden mittlerweile 15 Prozent der 3- bis 17-jährigen Kinder und Jugendlichen an Übergewicht. Sechs Prozent von ihnen werden sogar als krankhaft fettleibig bezeichnet. Das Fatale daran: Mit jedem zusätzlichen Pfund steigt das Risiko, ernährungsbedingte Krankheiten zu bekommen. Der Europa-Abgeordnete Karl-Heinz Florenz aus der CDU wirft der EU-Kommission vor, das Problem zu ignorieren und der Lebensmittelindustrie bei der Werbung einfach zu viel Spielraum zu lassen. Er fordert, dass Brüssel selbst die Selbstverpflichtung überprüfen und mit Gesetzen drohen muss, sofern die Vorgaben der Lebensmittelindustrie nicht eingehalten werden. Seine erste Forderung besteht darin, werbefreie Zonen im Umfeld von Kindersendungen durchzusetzen.